Freitag Nacht liefen Teile des Internets heiß: Das bei Kickstarter in USA gepostete Filmprojekt „A Year Without Rent“ lag erst bei der Hälfte der ersehnten Spendensumme von 12.000,- Dollar. Wir hätten sämtliche Wetten verloren, doch Enthusiasten machten mobil. Bei Twitter und anderen Systemen schrieben sich einige die Finger wund und es gelang der Gemeinde tatsächlich, dass ab (deutscher) Mitternacht in nur 4 Stunden 6000 Dollar generiert wurden und das Projekt in voller Höhe finanziert werden konnte. – Gratulation!
Crowdfunding ist in den USA schon weit erwachsener als hierzulande. Zwar bieten mit startnext, pling, inkubato und mysherpas bereits einige Plattformen Raum, Projekte finanziell zu promoten, doch herrscht dort nicht eben Projektstau. Unser Fazit für Filmemacher: Es kann nicht mehr nur genügen, auf old-school-Förderung zu setzten! Bald (aber das wird noch dauern) werden Euch die Förderer fragen, wie denn die Crowdfundbilanz als Teilfinanzierung aussieht. Das wäre zwar eine Art Strafe der Innovation, doch Projektplanung und Produzieren heißt auch heute längst mehr als Anträge stellen: Partner ließen sich schon immer durch Kommunikation und Beispiele (Teaser) gewinnen, nun aber gibt es Visitenkarten2.0, die sogar am Geldautomaten funktionieren. Mit Crowdfunding kann die bislang unsäglich hemmende Angst des Ideenklaus überwunden werden, denn wer die Idee hat und sie promotet, der hat mit den Freunden, die er – mit Finanzgewinn! – findet, eine Lobby.
Oder hemmt uns das Erbitten um Hilfe?! Ist ein Spendenaufruf Betteln?! Unsere Tanten und Onkels spenden Millionen, sobald irgendwo ein Erdbeben tobt. Die Enkel scheinen, aus guten Gründen ZDF-entwöhnt, weder dem Geben noch dem Nehmen zugeneigt. Dabei sollte es einerlei sein können, ob ich einen Förderer oder die Masse frage. Da wie dort kann es um Alles oder Nichts gehen. Allein der Mut, sich öffentlich mit einer Idee zu präsentieren, scheint hierzulande unschicklich zu sein. Das muss nicht mit Verwöhntheit zu tun haben, doch scheint einer Mischung aus Schiss und einem Mangel an Kommunikationslust geschuldet zu sein. Die deutsche ´Angst´ führt zum Aufschub bis alles zu spät ist. Und dann ist, wenn er nein sagt, der Förderer der Böse. So bitte nicht. Denn es gibt jetzt die Change, Ideen zum Erbeben zu machen. Und es sollte doch ohnehin zunächst interessanter sein, Freunde und Freundesfreunde zu gewinnen (möge auch die Tante PayPal schnallen!) als bisweilen träge und nicht immer originell begabte Förderinstitutionen. Die Öffentlichkeit sei die Kür und der Promoter der Förderanträge!
Also ran an die Tasten und eingewählt! Kost nix und zu verlieren gibts auch nix. Wir sind uns sicher, dass kernige Ideen Massen mobilisieren lassen.
Gerne Hinweise, Anregungen und Kommentare. Da muss einfach mehr passieren! – Und: Donate! – Und danke an @spoxx für die getwitterte Leidenschaft am Freitag.
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12. Januar 2011 um 13:04 Uhr
Der Erfolg, der Lucas McNellys Kickstarter-Kampagne „Year Without Rent“ auf den Radar europäischer Filmemacher und Blogger gebracht hat, wurzelt fest in der Existenz einer lebendigen Indie-Filmemacher-Community in den USA.
Die dortige Szene, die im Unterschied zu uns nicht auf eine Finanzierung ihrer Projekte durch öffentliche Förderung oder Sender-Coproduktionen hoffen kann, entfaltet und pflegt auch unabhängig von konkreten Projekten und Kampagnen eine bei uns weniger bekannte Interaktion und Solidarität.
Knoten in diesem kreativen und produktiven Netzwerk persönlicher Beziehungen sind dabei solche wöchentlichen Internet-Radioshows wie Film Courage ( http://www.filmcourage.com/ ), Cutting Room Floor MRB ( http://ht.ly/3Cmzu ) oder Rex Sike’s Movie Beat ( http://www.rexsikes.com/ ), in denen Indie-Filmemacher mit ihren Biographien und Projekten zu Wort kommen. In diesen Talkradio-shows werden auch regelmässig formale, inhaltliche, technische oder ökonomische Fragen des Filmemachens thematisiert.
Eine wichtige Rolle in der Dynamik der Indie-Film-Szene spielen auch immer wieder einzelne Projekte, die sich in ihrem gesamten Produktions- und Distributionsprozess auf die Filmemacher-Community beziehen, und deren Mitglieder partizipatorisch in den Prozess einbeziehen. Exemplarisch sei hier das TILT Projekt genannt: In der fiktiven Google-Maps-basierten Gemeinde „TILT the Town“ ( http://ht.ly/3CmV0 ) versammeln sich alle Unterstützer des Films „TILT the Movie“ – eben all jene, die in der US-Indie-Filmemacherszene Rang und Namen haben.
Viele dieser Namen findet man auch wieder als Unterstützer von Lucas McNellys Projekt „Year Without Rent“.
Er nun macht diese Community und ihre Produktionsbedingungen selbst zum Thema seines Projekts, wenn er ankündigt, auf der Basis der in seiner Kickstarter-Campagne erworbenen Mittel ein Jahr lang „ON THE ROAD“ zu sein, um auf dem ganzen Kontinent Indie-Filmemachern bei ihren Projekten kostenlos zur Hand zu gehen, wo-immer eine Hand gebraucht wird, und diese Reise als transmediale Geschichte zu erzählen.
Das US-Beispiel greift also weit über die Fangemeinde eines individuellen Projekts hinaus und mobilisiert die Resourcen der gesamten Indie-Branche in einer Weise, die als Mehrwert der gesamten Community wieder zugute kommt.
Wann und wie die deutsche und europäische Filmförderung das Crowdfunding entdeckt und zur Reduzierung ihres eigenen Engagements heranzieht, bleibt abzuwarten – ob dies überhaupt wünschenswert ist oder nicht eine Emanzipation der Filmerscene und ihre Solidarisierung weltweit letztlich weiterführt, bleibt zu diskutieren.
Gruss hier übrigens an @movieangel Marcella Selbach (siehe ihr Kommentar oben), die schon früh die transatlantische Brücke zu dieser sehr lebendigen Filmemacherszene geschlagen hat, und der ich den Kontakt verdanke!
10. Januar 2011 um 23:56 Uhr
Inkubato User haben 27.000 Euro für den bar25 Dokumentarfilm bereitgestellt! (http://www.inkubato.com/de/projekte/4c8c96cc2fc9a )
Das ist doch die Nachricht, bei der klar wird, das Crowdfunding auch in Deutschland eine Zukunft hat, wenn das Projekt seine Community mitbringt und die Unterstützer auf dem Weg zur Finanzierung auf allen Wegen des web begleitet!
10. Januar 2011 um 19:38 Uhr
na denn, das macht mut. guckt mal hier http://www.diegleucklichen.de unser neuer film #leg ihn um macht sich prächige in der crowdfunding kampagne. wir werden noch nicht reich, aber es ist einfach ein super vehikel, um jetzt schon piblikum zu binden. ein muss für alle #verleiher
10. Januar 2011 um 14:37 Uhr
Netter Artikel, DANKE!
Ja, das war vielleicht eine aufregende Nacht,dachte…gleich kriege ich einen Herzanfall,habe bis zuletzt gebangt,ob Lucas es auch wirklich schafft,aber unsere wunderbare #Indiefilm community hat damit wieder mal bewiesen, wie unglaublich sie ist. Ich bin mächtig stolz darauf, auch einen Teil dazu beigetragen zu haben.Da weiß man doch sein Geld „GUT“ angelegt!
‚nen schönen Tag noch
wünscht „movieangel“ xxx
10. Januar 2011 um 14:27 Uhr
Danke für den Beitrag!
Spitzen Projekt und geniales Finish! Habe selber auch noch in den letzten Stunden gesponsert und freue mich daher umso mehr!
Crowdfunding funktioniert also! Wer nach diesem Beitrag noch immer unsicher ist, dem empfehle ich unser Webinar zum Thema „Crowdfunding im Kultur- und Sozialbereich“. Unter anderem werden darin auch Beispiele aus dem Filmbereich erwähnt werden. Hier der Link dazu: http://bit.ly/gxb7jw – Das Webinar selbst wird ebenfalls über Crowdfunding finanziert!
Außerdem berichte ich im Zusammenhang mit Film in meinem Blog http://www.socialfilmmarketing.com ebenfalls regelmäßig über das Thema. Ich freue mich über euren Besuch bzw. eure Kommentare!
LG, Wolfgang
10. Januar 2011 um 12:05 Uhr
Das ist ja schon direkt ein Aufruf sein Projekt vorzustellen und ich bin mir nicht zu gut, hier zu sagen, dass unsere zukünftige Zeichentrickserie immer noch Spender, Investoren und Sponsoren sucht
Wer uns dieses Jahr nicht beim „Pitch Me“ vom Short Friday gesehen hat, der kann sich jetzt gerne ein Bild unserer chaotischen Comic-Punker machen! http://www.punksandbanters.de
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Nette Grüße
Donald (der Punk-Designer)